30.08.2024 – Newsletter-Beiträge

Am Weg zur sozial gerechten Klimawandelanpassung

Eine Collage, wo auf der linken Bildhälfte ein Thermometer im Sonnenschein und steigender Temperatur zu sehen ist und auf der rechten Seite ein Verkehrsschild vor bzw. in Hochwasser.

Der Klimawandel führt zu zahlreichen negativen sozio-ökonomischen Auswirkungen, die für verschiedene gesellschaftliche Gruppen unterschiedlich ausgeprägt sind. Es stellt sich also die Frage der Verteilungsgerechtigkeit der Folgen Klimawandels, dessen Beantwortung essenziell für eine treffsichere und faire Ausgestaltung von Klimawandelanpassung ist. Dieser Aspekt der Klimawandelfolgen ist jedoch noch unzureichend erforscht; sowohl global als auch für Österreich. In Österreich stellen insbesondere Hitze und Hochwasser die Bevölkerung immer häufiger vor neue Herausforderungen und die daraus entstehenden Folgen treffen speziell jene, die aufgrund ihrer sozio-ökonomischen Situation keine ausreichenden und angemessenen Anpassungskapazitäten haben.

Das Forschungsprojekt DISCC-AT widmet sich dieser Thematik mit Fokus auf Hochwasser- und Gesundheitsrisiken durch Hitze in Österreich. Die Ergebnisse zeigen differenzierte, gruppenspezifische Vulnerabilitäten auf und können die Ausgestaltung treffsicherer, gerechter und kosteneffizienter Anpassungsmaßnahmen informieren. DISCC-AT integriert qualitative und quantitative Methoden und setzt stark auf Trans- und Interdisziplinarität. Mittels mixed-methods Ansätzen und quantitativer Modellierung werden direkte und indirekte Effekte von Klimarisiken auf unterschiedliche Haushaltstypen quantifiziert und analysiert.

Erste Ergebnisse

Häufig entstehen gruppenspezifische Vulnerabilitäten durch Mehrfachbelastungen wie z.B. niedriges Einkommen, hohes Alter, Vorerkrankungen, niedrige Bildung, schlechte Wohnverhältnisse, oder Alleinerziehenden-Status. Dabei sind die treibenden Faktoren bei Hitze und Hochwasser oft ähnlich, wirken aber kontextspezifisch. Die mittels statistischem Clustering identifizierten und durch qualitative Interviews kontextualisierten Risikoprofile gegenüber Hitze und Hochwasser zeigen neue Hotspots auf. So findet man besonders in den ländlichen Gegenden im Osten Österreichs eine beträchtliche Anzahl an älteren Personen mit niedrigem Einkommen, die in besonders heißen Gegenden wohnen. Ein weiteres Risikoprofil entsteht in Hochwassergebieten rund um Innsbruck, Salzburg, Linz und Wien, die einen hohen Anteil an Personen mit sehr niedrigem Einkommen aufweisen.

Hitze und Gesundheit: Höhere Sterblichkeit in Österreichs Städten bei Single-Haushalten, Nicht-Staatsbürgern und Wohnungslosen

Im Bereich Gesundheit wurde aufgezeigt, dass alle österreichischen Bezirke einen deutlichen Zusammenhang zwischen extremen Temperaturen und höheren Sterbezahlen aufzeigen. Dieser Effekt ist in städtischen Bezirken deutlicher, im Vergleich zu ländlichen, weniger dicht besiedelten Bezirken. Weitere Faktoren, die mit erhöhter Vulnerabilität eines Bezirks gegenüber Hitze in Verbindung stehen, sind ein hoher Anteil an Single-Hauhalten, oder Bewohner:innen ohne österreichischer Staatsbürgerschaft, sowie Wohnungslosigkeit.

Die Darstellung zeigt eine ÖSterreichkarte mit West-Ost-Gefälle an Kysely-Tagen.
Die gängigste Definition von Hitzewellen stammt von dem tschechischen Meteorologen Jan Kysely. Unter einer Hitzewelle wird eine Serie von zumindest drei aufeinanderfolgenden Tagen mit einer Temperatur über 30 °C verstanden, die höchstens kurz von einem Tag mit einem Höchstwert zwischen 25 und 30 °C unterbrochen wird, wobei die mittlere Maximaltemperatur in der Periode jedoch höher als 30 °C bleibt. Jeder Tag einer Hitzewelle wird als Kysely-Tag bezeichnet. Bildcredit: Universität Graz.

Hochwasser: Neue Analysen zum sozialen Hochwasserrisiko zeigen veränderte Risikoverteilung und steigende Risiken durch Urbanisierung

Im Vergleich zu traditionellen Hochwasserrisiko-Karten, die häufig auf rein ökonomische Schäden fokussieren und soziale Aspekte außer Acht lassen, wurden durch die Berücksichtigung von sozialem Hochwasserrisiko erhebliche Unterschiede in der räumlichen Verteilung von Hochwasserrisiko gefunden. Hochwasserschutz-Planung kann durch die Ergebnisse aus DISCC-AT somit auch soziale Aspekte mitberücksichtigen. Die Analysen zur zukünftigen Entwicklung des sozialen Hochwasserrisikos, zeigen mehrere wichtige Entwicklungen auf, die von politischen Entscheidungsträger:innen berücksichtigt werden sollten. Erstens wird durch höhere Temperaturen das Abschmelzen von tiefliegenden Gletschern wahrscheinlich, was in einigen Gebieten entlang großer Flüsse langfristig die Hochwassergefahr erheblich verringert. Andererseits führt die zunehmende Urbanisierung, insbesondere rund um Wien, zu einer Intensivierung von Exposition und Vulnerabilität – und somit des Risikos – in diesen Gebieten.

Wie geht es weiter?

Im Mai 2024 wurde der 2. Stakeholder Workshop in Laxenburg abgehalten, mit dem Ziel Projektergebnisse besser nutzbar zu machen, bestehende Anpassungsmaßnahmen auf deren Wirksamkeit für besonders vulnerable Gruppen zu screenen, sowie neue Maßnahmen zu entwickeln. Die Projektergebnisse wurden mit verschiedenen Interessengruppen besprochen, um Instrumente wie den Naturgefahrencheck und die nationale Hochwassermodellierung weiterzuentwickeln. Bestehende Initiativen zur sozial gerechten Klimaanpassung sollen besser vernetzt werden. Ebenso wurde betont, dass Anpassungsmaßnahmen auch sozialpolitische Dimensionen umfassen sollen, um die tieferliegenden Ursachen von Vulnerabilität zu adressieren; insbesondere Maßnahmen zur Stärkung von Verteilungsgerechtigkeit.

In der verbleibenden Laufzeit des Projekts werden die bisherigen Ergebnisse gemeinsam mit Vertreter:innen der beim Workshop vertretenen Institutionen weiter für die genannten Anwendungen geschärft. Insbesondere bietet es sich an, mit diesen Anwendungen in die KLAR!-Regionen zu gehen bzw. die KLAR!-Praxisbeispiele. sowie die Empfehlungen der Nationalen Klimawandelanpassungsstrategie auf ihre Wirksamkeit für besonders vulnerable Gruppen zu screenen.

Im letzten Halbjahr des Projekts werden die Ergebnisse in ein volkswirtschaftliches Modell übertragen, um die Verteilung von Wohlfahrtsverlusten für unterschiedliche Haushaltsgruppen auf nationaler Ebene zu analysieren und zu quantifizieren. Dazu werden einerseits hitzebedingte Produktivitätsverluste der arbeitenden Bevölkerung, als auch Überflutungsschäden an Wohngebäuden berücksichtigt. Somit wird es auch möglich sein, die direkten Risiken für bestimmte Haushaltgruppen (kommend aus den bereits abgeschlossenen Modellierungen) mit indirekten Risiken, die sich über Feedback-Effekte in der Volkswirtschaft ergeben, zu vergleichen. Dies können z.B. sich ändernde Löhne, Effekte auf die Arbeitslosigkeit, oder auch Änderungen von Konsumpreisen sein.

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