Heimische Innovationen stärken und so den Wirtschaftsstandort Österreich zukunftsfit machen – unter diesem Motto stand die Veranstaltung „Industrie-Impulse“, die am 27.03.2025 in Wien stattfand. Im Rahmen der FTI-Initiative für die Transformation der Industrie veranstaltete der Klima- und Energiefonds ein Netzwerktreffen für die österreichische Industrie- und FTI-Community. Neben den Keynotes zweier internationaler Industrie-Expertinnen bot die Veranstaltung Einblicke in fünf Best-Practice-Projekte und einen Workshop zu Fördermöglichkeiten. Zudem stand der persönliche und fachliche Austausch im Zentrum.
Transformation der Industrie Innovationen für den Wirtschaftsstandort
Der Klima- und Energiefonds präsentierte am 27.3.2025 Best-Practice-Projekte und internationale Keynotes zum Thema.

„Green Iron Trade: Connecting the Global South and North for Mutually Beneficial Steel Transformation“ – Camilla Oliveira (Agora Industry)
Oliveira betont, dass eine industrielle Transformation ohne internationale Zusammenarbeit nicht möglich ist. Der globale Norden wird auf kostengünstige Energiequellen und Mineralien aus dem globalen Süden angewiesen sein, während der Süden Finanzmittel und Marktsicherheit benötigt. Langfristige Abnahmevereinbarungen können eine Lösung sein, um grüne Industrieentwicklung auch im globalen Süden zu fördern.
Die Expertin unterstreicht, dass die EU ihre Wettbewerbsfähigkeit nur durch Zusammenarbeit stärken kann. Oliveira nennt den Stahlsektor ein Beispiel für eine Win-Win-Zusammenarbeit. Der Import von grünem Eisen aus Ländern, die reich an erneuerbaren Energien sind, könnte die Produktionskosten in der EU senken und Arbeitsplätze in Exportländern schaffen. Europa sollte sich saubere Rohstoffe für die Stahlproduktion sichern und nicht auf einen protektionistischen Ansatz setzen.
Der Clean Industrial Deal ist für Oliveira ein richtiger Schritt, wichtig wäre jedoch eine langfristige Strategie für saubere Handelskooperationen. Eine faire Zusammenarbeit zwischen dem globalen Norden und Süden kann Übergangskosten senken, die Versorgungssicherheit stärken und die Wettbewerbsfähigkeit fördern. Die EU sollte langfristige Partnerschaften etablieren, die Handels-, Industrie- und Klimaziele miteinander verbinden.

„Building Trust and Driving Innovation: Collaborative Pathways for large-scale CCUS Deployment in Europe“ – Johanne Bø (Holcim AG)
Die zentrale Botschaft von Johanne Bø lautet, dass Innovation auf mehreren Ebenen erforderlich ist, um die Ziele zu erreichen. Innovation bezieht sich nicht nur auf neue Technologien. Es braucht auch eine Neugestaltung von Geschäftsmodellen, die Förderung von Veränderungen und innovative Ansätze, um Industrieakteure, NGOs, Finanzinstitute und Regierungen zusammenzubringen und die Transformation der Industrie voranzutreiben. Dabei nennt sie CCUS als ein entscheidendes Instrument für die Dekarbonisierung. Sie sind notwendig, um die globalen Klimaziele zu erreichen.
Vertrauen spielt für die Expertin ebenfalls eine zentrale Rolle. Regierungen haben eine Verpflichtung, solide politische Rahmenbedingungen zu bieten. Maßgeblich sind auch tragfähige Geschäftsmodelle und Partner, die bereit sind, frühzeitig Risiken einzugehen und strategisch zusammenzuarbeiten.
Trotz vieler Unsicherheiten – geopolitische Herausforderungen, Rezessionsängste oder der Rückgang grüner Investitionen – findet laut Bø die Transformation der Industrie unaufhaltsam statt. Sie geschieht täglich, in großem Maßstab und es werden reale Fortschritte erzielt.

FTI-Initiative für die Transformation der Industrie
Zielsetzung: Mit der „FTI-Initiative für die Transformation der Industrie“ unterstützte der Klima- und Energiefonds 2023 und 2024 mit dotierten Mitteln aus dem Bundesministerium für Klimaschutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Technologie (BMK) die produzierende Industrie Österreichs bei der Dekarbonisierung. Ziel war es, Spitzentechnologien zu fördern und Vorzeigeprojekte umzusetzen, die großflächig skaliert werden können und die Position Österreichs am Weltmarkt stärken. Zentrales Element des Programms war die integrierte Förderung von Forschungs- und Entwicklungsprojekten sowie Pilot- und Demonstrationsanlagen. Damit soll der Weg von der Forschung in den Markt verkürzt werden. Qualifizierungsmaßnahmen tragen zudem dazu bei, die nötigen Kompetenzen in der Forschung und der Industrie aufzubauen. Ziel ist eine doppelte Dividende: Dekarbonisierung und Erfüllung der europäischen Klimaverpflichtungen bei gleichzeitiger Standortsicherung und Steigerung der Wettbewerbsfähigkeit der österreichischen Industrie.
Zielgruppen: Unternehmen der gesamten produzierenden Industrie, Energieversorgungsunternehmen, Abfallentsorgungsunternehmen, Technologieanbieter:innen entlang der Wertschöpfungskette, Forschungseinrichtungen und Universitäten
Themenfelder/Technologiepfade: Die FTI-Initiative adressiert Technologiepfade, die in unterschiedlichen Sektoren Anwendung finden:
- Elektrifizierung von industriellen Prozessen und Produktion (z.B. durch Industriewärmepumpen und Wärmerückgewinnung)
- Alternative Brenn- & Rohstoffe, biobasierte Ressourcen, Integration von Erneuerbaren
- Alternative Materialen & energieeffiziente Prozesse, Prozess- und Ressourceneffizienz
- Kohlenstoffabscheidung, -nutzung und gegebenenfalls -speicherung
- Materialeffizienz, Nutzung von sekundären Rohstoffen (inkl. Recycling), industrielle Symbiose
- Verwendung von grünem Wasserstoff
Hier geht es zu den Folien zum Überblick über Fördermöglichkeiten
Innovationslabor New Energy for Industry NEFI+
Das Innovationslabor NEFI+ wurde 2023 im Rahmen der FTI-Initiative gefördert. Es ist nationale Anlaufstelle und internationales Tor, um Innovationen „Made in Austria“ im Bereich der industriellen Dekarbonisierung schneller zum Durchbruch zu verhelfen.
Das Innovationslabor begleitet die laufenden Projekte der FTI-Initiative als Katalysator. Dort werden in sechs Innovationshubs Lösungen entwickelt und in einem umfassenden Impact Assessment geprüft (Themen sind: CCUS, Kreislaufwirtschaft, CO2-neutrale Gase & Wasserstoff, Elektrifizierung, Flexibilisierung und Industrielle Symbiose). Ziel ist es, die tatsächliche Wirkung für den Einsatz in der Industrie zu bewerten und evidenzbasierte Transformationspfade abzuleiten.
NEFI+ agiert dabei als Drehschreibe für Innovationen und unterstützt bei der Entwicklung von Forschungs- und Demonstrationsprojekten. Betreiber des Innovationslabors sind das Austrian Institute of Technology (AIT), die Montanuniversität Leoben, der OÖ Energiesparverband und Business Upper Austria.
Best-Practice-Projekte der FTI-Initiative für die Transformation der Industrie
ImpreDry – Low-energy impregnation with a focus on drying and curing
ImpreDry ist ein Projekt des Unternehmens Fundermax (Hersteller hochwertiger Holzwerkstoffe und Weltmarktführer für Compactlaminate) und des AIT. Gemeinsam wollen sie den energieintensiven Imprägnierungsprozess für Spezialpapiere grundlegend verändern. Dabei geht es vor allem um phenolharzgetränkte Kraftpapiere, die im Bauwesen, in der Möbelindustrie oder der Elektronikbranche eingesetzt werden. Die traditionellen, gasbetriebenen Trockner werden durch optimierte digital gesteuerte Systeme ersetzt. Dies soll eine Reduktion des Erdgasverbrauchs um 66 % sowie einer Einsparung von bis zu 17.600 Tonnen CO2 pro Jahr bewirken.
Im Mittelpunkt steht ein Digital-Twin-Modell: Es bildet den Arbeitsprozess digital ab und ermöglicht so Simulationen und Echtzeitanalysen. Parameter wie Temperatur, Luftmengen und Lösemittelkonzentrationen können dabei berücksichtigt werden und die Steuerung der Trocknungsprozesse erfolgt entsprechend angepasst. Das gewährleistet eine präzise Harzaushärtung bei optimierter Energienutzung und garantiert, dass die Sicherheitsstandards für brennbare Lösungsmittel eingehalten werden.
HIPI – High Temperature Heat Pump for Industry
Das Projekt HIPI des Unternehmens INNIO Jenbacher (Hersteller von Maschinen und Motoren, speziell im Energiebereich) in Kooperation mit dem AIT entwickelt eine neue Generation von Hochtemperatur-Wärmepumpen auf Kolbenkompressor-Basis. Ziel ist es, bestehende Lösungen hinsichtlich Kapazität, Temperaturbereich, Effizienz und Zuverlässigkeit zu übertreffen.
Im Rahmen des Projekts entstehen neuartige Wärmepumpen mit unterschiedlichen Leistungsgrößen. Sie werden auf den Prüfständen bei INNIO in Jenbach erprobt. Die Komponenten werden so weiterentwickelt, dass eine zuverlässige Erzeugung von 150°C möglich ist, mit der Perspektive, ein Temperaturniveau von bis zu 200°C zu erreichen. Anschließend wird eine Demonstrationsanlage in das Energieversorgungssystem von INNIO integriert, um den Standort Jenbach mit Wärme zu versorgen.
Darüber hinaus arbeiten INNIO und das AIT an digitalen Lösungen wie innovativen Steuerungssystemen und einem digitalen Zwilling. Die Konfiguration, Integration und der Betrieb der Anlagen sollen dadurch weiter optimiert werden. Das Projekt trägt dazu bei, industrielle Prozesse zu dekarbonisieren, indem es effiziente Hochtemperatur-Wärmepumpen als nachhaltige Alternative etabliert.
Best-Practice-Projekte des Förderprogrammes „Vorzeigeregion Energie”
Vorzeigeregion Green Energy Lab: Projekt ThermaFLEX
Die Dekarbonisierung der Fernwärme – also ein Betrieb unabhängig von Kohle, Öl und Erdgas – ist ein gewaltiger Hebel für die Treibhausgasreduktion im Kampf gegen den Klimawandel. Das Großforschungsprojekt ThermaFLEX erprobt mit der Einbindung lokaler, nachhaltiger Wärmequellen das flexible Fernwärmenetz von morgen und wurde dafür mit dem „Energy Globe Austria“ in der Kategorie Feuer ausgezeichnet.
ThermaFLEX zeigt konkrete Lösungen, wie die bestehende Wärmeleitungsinfrastruktur effizient genutzt und erweitert werden kann, um nachhaltige, lokale Wärmequellen in die Versorgung einzubinden. Mit 28 Partnern in der Steiermark, Wien und Salzburg wurden zehn großtechnische Demonstrationsprojekte realisiert. Und damit der Beweis erbracht, dass auch technische Umsetzungen im großen Maßstab in relativ kurzer Zeit möglich sind. Wenn alle Demonstratoren fertiggestellt sind, ergibt das eine direkte jährliche CO2-Einsparung von rund 45.000 Tonnen.
Darüber hinaus können die erarbeiteten Lösungen auf andere Wärmenetze übertragen werden. So unterstützt die Forschungsarbeit, die im Rahmen von ThermaFLEX geleistet wurde, die Flexibilisierung des gesamten Fernwärmesektors. Dies ist eine Grundvoraussetzung für die verstärkte Nutzung nachhaltiger Wärmequellen, den Ausstieg aus fossilen Energien und die Verringerung des „Carbon Footprint“.
Vorzeigeregion WIVA P&G: Speicherprojekt USS2030
Underground Sun Storage (USS2030) ist weltweit einzigartig und liefert wertvolle Erkenntnisse zur saisonalen Speicherung erneuerbarer Energie in bestehenden Erdgaslagern.
Das Forschungsprojekt der RAG Austria AG zielt darauf ab, Energie aus Wind, Wasser und Sonne in Form von grünem Wasserstoff zu speichern und bedarfsgerecht bereitzustellen. In den Demonstrationsanlagen in Pilsbach und Rubensdorf bei Gampern wird überschüssige erneuerbare Energie mittels Elektrolyse in Wasserstoff umgewandelt und in unterirdischen Porenspeichern gesammelt. Diese Methode ermöglicht es, Sommerstrom für den Winter zu speichern und somit Versorgungslücken in sonnen- und windarmen Monaten zu schließen. Steht Wasserstoff in großen Mengen zur Verfügung – im Ausmaß von mehreren Terawattstunden – kann im Winter ausreichend grüne Energie für Strom, Wärme und Mobilität bereitgestellt werden.
Die Power-to-Gas-Technologie, die in diesen Demonstrationsanlagen eingesetzt wird, wandelt die überschüssige erneuerbare Energie durch Wasser- oder Methan-Elektrolyse in Wasserstoff um. Dieser kann im Erdgassystem gespeichert werden. Der Anteil nachhaltiger Energie im Energiemix erhöht sich, der CO2-Ausstoß geht zurück. Die Ergebnisse des Projekts sind von großer Bedeutung für die strategische Weiterentwicklung der Energiesysteme und positionieren Gasspeicher als großvolumige, saisonale Ausgleichslager für erneuerbare Energien.
Vorzeigeregion NEFI: Projekt Industry4Redispatch
In diesem Projekt werden gemeinsam mit verschiedenen Stakeholdern systemische und technischen Lösungen für die industrielle Energieversorgung erarbeitet. Ziel ist es, die Systeme so zu steuern, dass Flexibilitäten optimal genutzt werden – was den Einsatz erneuerbarer Energien erleichtert und verstärkt.
Schwerpunkte liegen in der Flexibilität auf der Nachfrage- und Angebotsseite für den Redispatch (ein Verfahren, um Netzstabilität zu gewährleisten) und der Entwicklung eines Online-Steuerungskonzepts für industrielle Energieversorgungssysteme. Damit wird die Marktteilnahme der Unternehmen optimiert und gleichzeitig deren Energieversorgung abgesichert.
Industry4Redispatch fördert Innovationen in den Bereichen Digitalisierung und Flexibilisierung der Industrie. Ergebnis daraus sollen die technischen, regulatorischen, wirtschaftlichen und organisatorischen Voraussetzungen sein, damit die Implementierung von Redispatch-Anforderungen gelingt. Auch das Zusammenspiel zwischen Übertragungsnetzbetreibern (TSO) und Verteilnetzbetreibern (DSO) wird optimiert.
Studie „transform.industry“
Die 2024 veröffentlichte Studie untersucht Transformationspfade für eine klimaneutrale Industrie in Österreich. Sie zeigt, dass eine klimaneutrale Industrie bis 2040 machbar ist und wie sich Klimaschutz mit Innovations- und Wettbewerbsfähigkeit vereinbaren lässt.
In vier verschiedenen Szenarien werden Lösungsansätze analysiert und Handlungsempfehlungen formuliert. Die Studie präsentiert geeignete Technologien als Transformationspfade in zwölf verschiedenen Industriebranchen. Durchgeführt wurde die Studie im Auftrag des Klima- und Energiefonds vom AIT, der AEA Austrian Energy Agency, dem Lehrstuhl für Energieverbundtechnik der Montanuniversität Leoben und dem Energieinstitut der Johannes Kepler Universität.
Unter Berücksichtigung unterschiedlicher Formen der Energiebereitstellung wurde ein Verbrauchsmodell für die Industrie entwickelt. Die vier Szenarien „Erneuerbare Gase“, „Kreislaufwirtschaft“, „Innovation“ und „Sektorkopplung“ vergleichen und modellieren die maximale Ausprägung von Technologie- und Energieträger-Anwendungen. Die Resultate ermöglichen eine robuste Vorhersage des zukünftigen Energiebedarfes und prognostizieren die Anwendung und Verbreitung branchenspezifischer Technologien. Zusätzlich zu den Ergebnissen wurden konkrete Handlungsempfehlungen formuliert.
Links
Pressekontakt
